Freibetrag für Betreuung, Erziehung oder Ausbildung

30. Oktober 2020 | Einkommensteuer

Die Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (sogenannter BEA-Freibetrag), der dem anderen Elternteil zusteht, ist nicht möglich, wenn das Kind über 18 Jahre alt ist. 

Praxis-Beispiel:
Die Mutter beantragte in ihrer Einkommensteuererklärung, dass die Kinderfreibeträge und die BEA-Freibeträge für ihre beiden volljährigen Kinder, die eigentlich dem Vater zustehen, auf sie übertragen werden. Sie begründete ihren Antrag damit, dass der Vater (= Kläger) seiner Unterhaltsverpflichtung nicht ausreichend nachgekommen sei bzw. mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig sei. Das Finanzamt lehnte zunächst eine Übertragung der Freibeträge auf die Mutter ab. Hiergegen legte die Mutter erfolgreich Einspruch ein. Das Finanzgericht gab der Klage des Vaters teilweise statt. Es entschied, dass die BEA-Freibeträge für die beiden volljährigen Kinder, die dem Vater zustehen, nicht auf die Mutter übertragen werden können. Bei der Mutter sind daher lediglich die einfachen BEA-Freibeträge zu berücksichtigen.

Der BFH wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Eine Übertragung des BEA-Freibetrages ist nach dem eindeutigen Wortlaut in § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG bei volljährigen Kindern nicht vorgesehen. Eine Gesetzesauslegung über den Wortlaut hinaus ist nicht möglich, sodass der BEA-Freibetrag bei volljährigen Kindern nicht übertragen werden kann. Hätte der Gesetzgeber die Übertragung des Kinderfreibetrages mit der Übertragung des BEA-Freibetrages bei volljährigen Kindern koppeln wollen, hätte es hierfür einer klaren gesetzlichen Regelung bedurft.

Auch wenn es wünschenswert erscheinen könnte, die Übertragung des BEA-Freibetrages bei volljährigen Kindern nach denselben Grundsätzen zu regeln wie die Übertragung des Kinderfreibetrages, darf der Anwendungsbereich einer Vorschrift von der Verwaltung und den Gerichten nicht bewusst über die vom Gesetzgeber gesetzten Grenzen ausgedehnt werden.

Quelle: BFH | Urteil | III R 61/18 | 21-04-2020