Wird ein Gutschein ausgestellt, bei dem Ort der Leistung und die Höhe der geschuldeten Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Einlösung feststehen, handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein. Bei einem Einzweck-Gutschein entsteht die Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Ausgabe bzw. Übertragung des Gutscheins. Auf die tatsächliche Ausführung der Leistung kommt es nicht an. Bei der Ausgabe von Einzweck-Gutscheinen ergeben sich jedoch unterschiedliche Auswirkungen und zwar abhängig davon, ob sie im eigenen oder fremden Namen ausgegeben werden.
Stellt ein Unternehmer im eigenen Namen einen Einzweck-Gutschein aus und erbringt er die darin bezeichnete Leistung nicht selbst, wird der spätere Leistungserbringer so behandelt, als habe er die in dem Gutschein genannte Leistung an den Gutscheinaussteller erbracht. Maßgeblicher Zeitpunkt der Leistungsfiktion und damit der Besteuerung der beiden Leistungen ist der Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins an den Kunden. Der Aussteller des Gutscheins muss dem leistenden Unternehmer zur fristgerechten Versteuerung mitteilen, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe er Einzweck-Gutscheine an Kunden ausgegeben hat.
Praxis-Beispiel:
Unternehmer Schmitz betreibt ein Gutscheinportal, auf dem er Gutscheine anbietet, mit denen Fahrräder des Herstellers Herkules erworben werden können. Die Unternehmer Schmitz und Herkules haben im Januar 2021 vereinbart, dass Unternehmer Schmitz E-Bike-Gutscheine jeweils im Wert von 3.500 € für 3.000 € an Kunden ausgibt. Unternehmer Schmitz hat an den Hersteller Herkules für jeden ausgegebenen Gutschein 2.500 € weiterzuleiten. Unternehmer Schmitz verkauft einen der Gutscheine im April 2021 im eigenen Namen an einen Radfahrer. Der Radfahrer löst den Gutschein beim Hersteller Herkules im Juni 2021 ein. Die Unternehmer Schmitz und Herkules haben ihren Umsatz jeweils im April 2021 zu versteuern, und zwar
- der Hersteller Herkules in Höhe von 2.500 € abzüglich Umsatzsteuer und
- der Unternehmer Schmitz in Höhe von 3.000 € abzüglich Umsatzsteuer.
Einzweck-Gutscheine in Vertriebsketten (Handeln im fremden Namen): Gibt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im fremden Namen aus, wird er nicht Teil der Leistungskette. Vielmehr gilt die Ausgabe des Gutscheins an den Kunden als Leistung desjenigen, in dessen Namen der Unternehmer handelt. Der Unternehmer, der Einzweck-Gutscheine ausgibt, muss dem leistenden Unternehmer zur fristgerechten Versteuerung mitteilen, zu welchem Zeitpunkt Einzweck-Gutscheine an Kunden ausgegeben wurden, weil er als leistender Unternehmer zu diesem Zeitpunkt die fiktiv erbrachte Leistung zu versteuern hat. Der leistende Unternehmer hat den Betrag anzusetzen, den der Vermittler vereinnahmt hat. Der Unternehmer, der den Einzweck-Gutschein in fremden Namen ausgeben hat, erbringt eine Vermittlungsleistung.
Praxis-Beispiel:
Unternehmer Braun betreibt ein Gutscheinportal, auf dem er Büchergutscheine im Namen und für Rechnung des Buchhändlers anbietet. Diese Gutscheine können im Laden des Buchhändlers eingelöst werden. Braun hat mit dem Buchhändler vereinbart, dass er für jeden ausgegebenen Gutschein 20% des Gutscheinwerts als Vermittlungsprovision einbehält und den Rest an den Buchhändler weiterleitet. Braun erstellt gegenüber dem Buchhändler monatliche Abrechnungen über die veräußerten Gutscheine und gibt diese zusammen mit seiner eigenen Provisionsabrechnung an den Buchhändler weiter.
Ein Kunde erwirbt im März 2021 einen Büchergutschein des Buchhändlers auf der Internetseite des Unternehmers Braun. Der Kunde bezahlt hierfür 20 € an den Unternehmer Braun. Der Buchhändler muss im März 2021 für den Verkauf eines Gutscheins 20 € die darin enthaltene Umsatzsteuer von 7% (= 1,31 €) Umsatzsteuer zahlen. Unternehmer Braun versteuert die Provision für die Vermittlung des Gutscheins von 4 €. Darin ist die Umsatzsteuer von 19% (= 0,64 €) enthalten. Der Buchhändler kann die in der Vermittlungsprovision enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen.