Der Bundestag hat am 21.5.2021 das Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD-Umsetzungsgesetz – ATADUmsG) mit den Änderungen beschlossen, die durch den Finanzausschuss eingefügt worden sind. Mit Artikel 5 des ATAD-Umsetzungsgesetzes wird die Entstrickungs- und Wegzugsbesteuerung neu geregelt. Artikel 9 und 9b dienen dazu, Steuervorteile durch hybride Gestaltungen zu vermeiden. Außerdem wird die Hinzurechnungsbesteuerung in Art. 7 und 8 ATAD reformiert und zeitgemäß und rechtssicher ausgestaltet.
Die Gesetzesänderungen gehen auf eine EU-Richtlinie zurück, die eigentlich bis Ende 2019 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen. Die EU-Kommission hatte bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Mit dem ATAD-Umsetzungsgesetz sollen nunmehr die Regelungen zur Sicherstellung einer fairen Aufteilung der Besteuerungsrechte bei multinationalen Unternehmen zeitgemäß ausgestaltet werden (§ 90 AO, § 1 AStG) sowie eine klare Rechtsgrundlage für Vorabverständigungsverfahren (§ 89a AO) geschaffen werden, um die Rechtssicherheit für Verwaltung und Steuerpflichtige zu stärken. Das Gesetz enthält insbesondere folgende Regelungen:
Verhinderung hybrider Gestaltungen: Die Regelungen zur Beseitigung von Besteuerungsinkongruenzen im Zusammenhang mit hybriden Gestaltungen sollen verhindern, dass Betriebsausgaben mehrfach berücksichtigt werden oder dass Betriebsausgaben berücksichtigt werden, obwohl die entsprechenden Einnahmen keiner Besteuerung unterliegen.
Neu: Mit einer Ergänzung des Finanzausschusses wird auch Artikel 9a ATAD angepasst. Es ergibt sich eine Nichtbesteuerung, weil die Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft, weil die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie eingetragen oder niedergelassen ist, als steuerlich transparent gilt, aber in dem Staat, in dem der Beteiligte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, als steuerlich intransparent behandelt wird (umgekehrt hybride Rechtsträger). Die Besteuerung erfolgt jetzt grundsätzlich in dem Staat, in dem die Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft als steuerlich transparent gilt.
Reform der Hinzurechnungsbesteuerung: Durch Anpassungen bei der Hinzurechnungsbesteuerung soll die Bekämpfung niedrigbesteuerter Einkünfte bei grenzüberschreitend agierenden Unternehmen zeitgemäß und rechtssicher ausgestaltet werden. Insbesondere wird das Beherrschungskriterium angepasst. Statt auf eine Inländerbeherrschung abzustellen, wird künftig eine gesellschafterbezogene Betrachtung des Beherrschungskriteriums durchgeführt. Außerdem findet bei mehrstufigen Gesellschaftsstrukturen im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung keine Verlustkonsolidierung auf Ebene der obersten ausländischen Gesellschaft mehr statt.
Reform der Entstrickungs- und Wegzugsbesteuerung
Art. 5 der ATAD regelt die Anpassung der deutschen Wegzugs- und Entstrickungsregelungen, der zum einen eine Besteuerung stiller Reserven im Fall des Wegzugs oder der Überführung einzelner Wirtschaftsgüter ins Ausland anordnet und andererseits dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit der zeitlichen Streckung dieser Besteuerung über einen Zeitraum von 5 Jahren einräumt.
Bei der Wegzugsbesteuerung natürlicher Personen nach § 6 des AStG ist eine Vereinheitlichung bei den Stundungsregelungen sowie den Maßnahmen zur Verbesserung bei der sog. Rückkehrerregelung und zur Verhinderung von Steuergestaltungen bei substantiellen Gewinnausschüttungen vorgesehen.