Kindergeld kann grundsätzlich nicht mehr gewährt werden, wenn ein Dienstverhältnis besteht, das als Vorbereitungszeit zur Erlangung der Facharztqualifikation dient.
Praxis-Beispiel:
Die Klägerin beantragte für ihre Tochter, die ihr Medizinstudium erfolgreich abschloss, Kindergeld. Zum 1.1.2021 begann sie ihre mindestens 60 Monate umfassende Vorbereitungszeit zur Erlangung der Qualifikation als Fachärztin. Das hierzu mit einer Klinik abgeschlossene Dienstverhältnis umfasste eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden. Die Familienkasse gewährte bis zum voraussichtlichen Ende des Medizinstudiums Kindergeld, lehnte eine Weitergewährung des Kindergelds während der Vorbereitung auf die Facharztqualifikation jedoch ab, weil es sich hierbei nicht mehr um eine Berufsausbildung handele. Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab.
Volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, werden kindergeldrechtlich dann berücksichtigt, wenn sie für einen Beruf ausgebildet werden. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Insoweit dienen der Vorbereitung auf ein Berufsziel alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.
Werden die Ausbildungsmaßnahmen allerdings innerhalb eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses durchgeführt, liegt eine Ausbildung nur dann vor, wenn die Erlangung beruflicher Qualifikationen, d.h. der Ausbildungscharakter, und nicht die Erbringung bezahlter Arbeitsleistungen, d.h. der Erwerbscharakter, im Vordergrund steht.
Im vorliegenden Fall überwog allerdings der Erwerbscharakter. Denn das Finanzgericht hatte festgestellt, dass die Tochter im Rahmen ihrer Tätigkeit an der Klinik bereits ihre Qualifikation als Ärztin einsetzte. Im Vergleich mit ihrer praktischen Tätigkeit als Ärztin hatte die theoretische Wissensvermittlung im Rahmen der Facharztausbildung einen deutlich geringeren Umfang. Zudem stand die Erbringung der Arbeitsleistung in der Klinik im Vordergrund und die Tochter erhielt auch keine bloße Ausbildungsvergütung, sondern ein für eine Ärztin angemessenes Entgelt.